ERINNERUNGSMANUFAKTUR

eine ERINNERUNGSMANUFAKTUR
oder: Wenn meine Erinnerung eine Farbe erhält
Erstmalig ist die Stadtpastoral
bei der Langen Nacht der Münchner Museen dabei
 
Irgendetwas ist anders als sonst – dort wo täglich viele Menschen im gewohnten Alltagsgetriebe vorbeigehen, bleiben sie an diesem Abend spontan stehen. Ein sich stets veränderndes Farbbild strahlt aus den großen Fenstern der ehemaligen Karmeliterkirche in die Lange Münchner Museumsnacht und lockt Neugierige an.
 
Betritt man den Raum, geht es nicht minder bunt zu. Genau in der Mitte steht ein weit ausladendes Regal, in großen Buchstaben darüber: ERINNERUNGSMANUFAKTUR.
„Was soll das sein?“ fragen so manche Besucher. Doch bald darauf steht auch deren farbiges „Erinnerungsglas“ bei den vielen anderen Gläsern im Regal. Somit weiß jeder nun ganz genau, dass ihr bzw. sein Glas etwas Einzigartiges hat, genauso wie ihre bzw. seine unvergessliche Erinnerung, die sie/er dazu auf ein eigenes Etikett aufgeschrieben und am Glas befestigt hat.

Der Besucher wird an diesem Abend nicht allein gelassen. Hilfsbereite Menschen gehen auf die Fragenden zu und doch entscheidet jeder selbst, welche Farbe oder Farbmischung – und ganz wichtig, wieviel Farbe er für seine Erinnerung(en) benötigt.

Zu diesen farbigen Erinnerungen gehören kleine und große Momente im Leben – von Erfolgen und Misserfolgen, von Abenteuern, Enttäuschungen, Neuanfängen, unvergessliche Begegnungen und Abschieden. So erinnert sich jemand gerne an die Geburt seiner Tochter, ein anderer an das Scheitern im Studium; eine erinnert sich an den ersten Helikopterflug im Urlaub, ein anderer an die Hochzeit oder den ersten Kuss, sowie die letzte Erinnerung an einen lieben Menschen und sehr vieles mehr.
 
Für viele ist das „Erinnerungsglas“ erst perfekt, wenn auch noch ein passender Aufkleber auf dem Glasdeckel angebracht ist. Eine reichhaltige Auswahl mit ganz unterschiedlichen (Bibel-)Zitaten liegt dazu aus, so z. B. „Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände – nach Jesaja 49,16“ oder: „Der Herr, dein Gott ist mit dir bei allem, was du unternimmst – nach Josua 1,9“, ebenso: „Du bist vertraut mit all meinen Wegen! – nach Psalm 139,3“, aber auch ein Zitat des Mystikers Franz von Sales darf nicht fehlen: „Blühe, wo du gepflanzt bist“.
 
Die ERINNERUNGSMANUFAKTUR unterscheidet sich wahrscheinlich von ihrer Art dann doch deutlich von allen anderen Veranstaltungen in dieser Museumsnacht: Nicht ein Kunstwerk eines bestimmten Meisters gilt es zu bestaunen, vielmehr wird die eigene prägende Erinnerung zum Teil eines Gesamtwerkes – ohne dieses eine Glas ist sozusagen das Kunstwerk unvollständig. Einen kleinen, aber sehr wichtigen Teil des eigenen Lebens zu bestaunen und zu erkennen, dass all dies geschehen durfte auf dem gemeinsamen Weg mit einem der alle Höhen- und Tiefenwege mitgeht – was kann es denn Schöneres, Bestaunenswerteres geben?
 
Für viele ist dies ein sehr emotionaler Moment, der eine ganz besondere Stimmung erzeugt und wunderbar vom Chor „Vox Nova“ unter der Leitung von Andreas Stadler aufgenommen wird. Ihr ruhiger Madrigalgesang lädt dabei zum Verweilen und Nachklingen ein, gerne bei einem Glas Wein und einem kleinen belegtem Brot in den verschiedenen sanft ausgeleuchteten Ecken der ehemaligen Karmeliterkirche.
 
Am frühen Morgen erstrahlen die Gläser in den Regalen mit ihren farbigen und kostbaren Erinnerungen einer ganzen Stadt. In dieser Nacht wurde neu Geschichte geschrieben; passend an einem Ort, an dem sich nur eine Mauerstärke entfernt, die Erinnerungen des gesamten Erzbistums im dortigen Archiv befinden.
 
Am Ende haben über 1.000 Menschen die ERINNERUNGSMANUFAKTUR besucht. Georg Schmidtner und Florian Wagner vom Fachbereich Stadtpastoral, sowie die Erschaffer der Manufaktur, die „StiftungFreizeit“ aus Berlin, sind dankbar für das große Interesse, sowie die vielen persönlichen Erinnerungen und Gespräche.

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